Karbener LiteraturTreff e.V.
Bericht vom 27. Oktober 2016
Franz Kafka, Alfred Döblin,
die Säulen der literarischen Revolution
Ort: KUHtelier, Groß Karben
Zeit: 19.00 - 22:15 Uhr
Anwesende: ca.45 Personen und Pressevertreter
Dieter Körber begrüßt die Gäste und weist darauf hin, dass die Bilder an den
Wänden von Nicola Piesch gemalt wurden und käuflich zu erwerben sind. Sie hat
zusammen mit Dieter Wierz den Abend musikalisch gestaltet. Leben und Werke der
beiden Schriftsteller Kafka und Döblin werden im Wechsel vorgestellt von
Dieter Körber und Hans Kärcher, die beide den Abend vorbereitet und organisiert haben.
Dieter Körber stellt uns Franz Kafka vor. Franz Kafka ( 1883-1924) wurde in Prag
in eine jüdische Kaufmannsfamilie geboren, gestorben ist er in Kierling bei
Wien an Kehlkopftuberkulose. Nach dem Abitur studierte er zunächst Chemie,
wechselte dann zum Jurastudium, das er mit Promotion abschloss. Sein Verhältnis
zu Frauen war stets schwierig und problematisch. Nach mehreren Verlobungen
lebte er zusammen mit Dora Dymant als freier Schriftsteller in Berlin und Wien.
Zu Lebzeiten war Kafka nur einem kleinen Kreis bekannt, weltberühmt ist es erst
nach dem 2. Weltkrieg geworden, zuerst in Frankreich, ab 1953 in Deutschland.
Kafka ist zu einer Ikone der modernen Literatur geworden. Die Zeitlosigkeit der
präzisen, kargen Sprache, mit der er Ausweglosigkeit, Unheimliches, Resignation
und Bedrohung beschreibt, lässt ihn wie einen visionären Autor der Gegenwart erscheinen.
Robert Axt liest verschiedene Prosastücke aus "Betrachtungen". Schon im frühen
Stadium sind Züge seiner Werke erkennbar, wie z.B. Angst, Isolierung, Unsicherheit,
tiefe Melancholie.
Aus seiner bekannten Erzählung "Die Verwandlung" liest Dieter Körber.
Über Nacht hat sich Gregor Samsa in einen Riesenkäfer verwandelt, der sich bis zu
seinem Lebensende in einem dunklen Zimmer aufhalten muss, während die Familie
ratlos dieses Ungeheuer betrachtet. Die konfliktreiche Beziehung zu seinem Vater
hat er in einem "Brief an den Vater" aufgeschrieben, in Auszügen vorgelesen von
Dieter Körber.
Einen Auszug aus "Der Prozess" hören wir von Almut Rose. Ein Mann
bittet um Einlass zum Gesetz, wird aber vom Türhüter abgewiesen. Er sitzt vor
der Tür, bis zu seinem Tode. Verwundert fragt er den Türhüter, warum niemand
außer ihm um Einlass zum Gesetz bat. Die Tür war nur für dich bestimmt, antwortet
der Türhüter - ein Beispiel für die Kafkaeske Parabelform.
Die Erzählung
"Der Hungerkünstler" , dargeboten von Dieter Körber, erzählt von einem Mann,
der sich in einem Käfig zur Schau stellt.
Er muss immer weiter hungern, weil er nicht die Speisen gefunden hat, die ihm
schmecken. Schließlich stirbt er als spindeldürres Gerippe auf seinem Stroh.
Die schwungvollen musikalischen Beiträge werden gesungen und gespielt von Nicola Piesch
(Gesang und Ukulele) und Dieter Wierz (Klavier). Es dreht sich alles um das Thema
Liebe in "Mood indigo", Nur nicht aus Liebe weinen, Ich bin von Kopf bis Fuß auf
Liebe eingestellt, Just a Gigolo, Irgendwo auf der Welt".
Der zweite Schriftsteller, Alfred Döblin, wird von Hans Kärcher vorgestellt.
Alfred Döblin wurde 1878 in Stettin geboren, starb 1957 in Emmendingen. Der
Sohn jüdischer Eltern studierte Medizin und ließ sich als promovierter Arzt
1905 in Berlin nieder. Als er 10 Jahre alt war, verließ der Vater mit einer
20 Jahre jüngeren Frau die Familie. Das stürzte die Familie in eine Bettelexistenz,
die sein ganzes Leben prägte. Als Jude und Sozialist musste er 1933 aus
Deutschland fliehen, zunächst in die Schweiz und nach Frankreich, 1940 in die
USA, kehrte aber 1945 wieder nach Deutschland zurück. Schon früh begann er zu
schreiben. Eine sehr verworrene Geschichte ist "Das Krokodil", vorgetragen von
Fritz Böhner, in der eine junge Frau Fantasien über ein Krokodil hat. Aus der
Biografie "Schicksalsreise" ergänzt Hans Kärcher Abschnitte aus seinem Leben.
1920 erscheint sein Buch "Wallenstein", das sich mit Kriegsgewinnlern auseinandersetzt.
Während des 1. Weltkrieges war er Lazarettarzt in der Nähe von Metz und hat
während dieser Zeit Einblicke in militärische Strukturen gewonnen. Sein
bekanntestes Buch ist "Berlin Alexanderplatz", das Barbara Metz zusammengefasst hat,
sie liest aus dem Roman die Beschreibung eines Schlachthofs in Berlin, die
Textstelle bildet eine Metapher . auf das Schlachten im 1. Weltkrieg. Der
Protagonist des Roman ist Franz Biberkopf, der aus der Haft entlassen wird und
wieder eine bürgerliche Existenz aufbauen will. Doch er trifft auf Reinhold und
rutscht wieder tiefer ins kriminelle Milieu. Als Reinhold seine Freundin Mieze
tötet, fürchtet er, dass er für den Mord verantwortlich gemacht wird. Beide werden
gefasst und als Mörder festgenommen. Biberkopf kommt ins Irrenhaus und wird später
als unschuldig entlassen. Geläutert findet er sich wieder in Berlin und beginnt sein
Leben erneut als Hilfsportier. Nach dem 2. Weltkrieg kehrt Döblin nach Deutschland
zurück und tritt öffentlich in französischer Uniform auf. 1949 ist er Mitbegründer
der Akademie der Wissenschaften in Mainz. In Deutschland fühlt er sich als Besuch
und emigriert 1953 wieder nach Paris. Sein Roman "Hamlet" ist ein Rückkehrerroman,
für den er zunächst keinen Verleger fand. Hans Kärcher liest eine Szene aus diesem
Buch, eine Szene über die griechische Mythologie.
Dieter Körber dankt allen Mitwirkenden, vor allem auch den Musikanten Nicola Piesch
und Dieter Wierz für ihre engagierten Darbietungen.
Der nächste Abend im LiteraturTreff findet statt
Am Donnerstag, 24. November im KUHtelier Karben um 19:00 Uhr zum Thema
"Nachlese zur Buchmesse" mit interessanten Neuerscheinungen.
Renate Gasser