Karbener LiteraturTreff e.V.
Thema: Deutsche Dialekte II
Ort: KUHtelier
Zeit: 19.30 - 22.15 Uhr
Anwesende: ca. 40 Personen
Herr Thomas begrüßt die Gäste zum heutigen Dialekteabend , der von Herrn Axt
moderiert wird. Musikalisch umrahmt wird der Abend von der Gruppe "Die Eschbäjer",
die sehr schwungvoll Songs in hessischer Mundart darbieten und mit dem Lied
"Guude" den Abend eröffnen.
Herr Schuch beginnt mit allgemeinen Gedanken zum Dialekt in der Wearrera. Die
vielen unterschiedlichen Dialekte in Hessen haben ihren Ursprung in den zahlreichen
herrschaftlichen Gütern, wo jeweils unterschiedlich gebabbelt wurde.
Schon immer wurde die Sprache von Fremdsprachen beeinflusst, wie z.B. durch die
französischen Soldaten. "Mach kaa Fissemadende" (visitez ma tente) ist noch heute
im Sprachgebrauch. Der Frankfurter Dialekt wird vom Ebbelwoi beherrscht.
Lebensfreude zeigt sich beim Genuss von Ebbelwoi , auch als Most oder Rauscher.
Als Kostprobe des Frankfurter Dialekts trägt H. Schuch das Gedicht "Die Blutblas"
von F. Stolze (1816-1891) vor. Der Lehrer verprügelt einen ungezogenen Schüler,
der sich eine Blutblase unter der Hose festgebunden hatte. Als die Blase platzt,
gerät der Lehrer in Panik. Von W. Conrad Philipps (1884-1963), Lehrer an der
Augustinerschule, hören wir "Die zuckersüße Einmachzeit und Wearreraer Gebleut".
Aus dem Ebbelwoi Büchlein von H.P.Müller trägt H.Böhner Gedichte vor. Ebbelwoi
gibt es erst seit 500 Jahren, bis ca. 1500 wurde Wein angebaut. Ab 1813 isst man
den Handkäs zum Ebbelwoi. Das Gedicht "Fichtekränzi" erklärt, dass Ebbelwoi
ausgeschenkt wird, wenn ein Fichtekränzi an der Gastwirtschaft hängt.
Der Text "Dem Herrn Müller sei Fraa" erzählt von einer hässlichen Frau,
die der Herr Müller gern für sich behalten kann.
Von Frau Axt hören wir das Gedicht "Verzeh Döchter?" , eine überarbeitete
Version von dem Stolze-Gedicht. Humorvoll wird geschildert, dass man mit einer
Tochter oft mehr Plagen und Sorgen hat als mit vierzehn Töchtern.
Etwas Pfälzisches liest uns Frau Siegel-Axt vor. "Integration auf Pfälzisch" von
Christian Habekost erklärt, dass die Pfälzer alles integrieren - Römer, Griechen,
Amerikaner... Jede Religion wird integriert außer saarländisch und schwäbisch.
Deutsch versinkt in Sprachlosigkeit außer in der Pfalz, wo ein Dialog sich so
anhört "Jo" - "Jo, weest scho!"
Frau Lauber charakterisiert die Schwaben, die eigentlich von der Ostsee stammen
und durch die Völkerwanderung bis zur Alb und zum Bodensee (Schwäbisches Meer)
vorgedrungen sind. De Herrgott ist bei den Schwaben allgegenwärtig - beim Fluchen,
beim Putzen, beim Liebkosen... Schaffe, putze und spare sind drei Gebote, die
der Schwabe einhält. Die Geschichte von einem Fabrikanten und einem Verleger
verdeutlicht die Wesensart der Schwaben.
Das Fränkische wird von Herrn Engelhardt vertreten. Die Franken sind maulfaul,
Endungen fallen oft weg, aus ei wid a, es gibt keine harten Konsonanten.
Die Formulierung "ich tu das mache" statt "ich mach das" ist geläufig. In
Fränkisch hören wir einige Gedichte "Im Bod, Eigeschürt wird, die Ansichtskorten,
Warum denn?, die neie Schuh".
Speziell für Herrn Landmesser, der aus Bonames stammt, spielen "Die Eschbäjer"
den Song "Die Briggebambler". Herr Landmesser liest uns zwei selbst verfasste
Geschichten vor. "En Weihnachtsappel" erzählt die Entstehung der Bethmännchen,
bei der zwei Holzwürmer beteiligt waren. "Es Katharinche" erläutert die Umstände ,
wie die Katharinenkirche gebaut wurde.
Herr Mainert liest uns in Bayrisch die Geschichte vor "Der Brandner Kasper
schaut ins Paradies". Nachdem seine Frau gestorben war, besucht ihn der Tod
und will auch ihn holen, aber der Brandner Kasper betrügt ihn und ergaunert
sich noch einige Lebensjahre. Da Petrus Buchführung nicht mehr stimmt, überlistet
ihn nun der Tod und lässt ihn ins Paradies schauen. Dort trifft er seine Frau
und seine Söhne und bleibt freiwillig bei ihnen.
Plattdeutsches hören wir von Herrn Meiser, der schon vor 46 Jahren Hamburg
verlassen hat. Er singt uns Hamburger Kinderlieder und trägt Gedichte seiner
Frau vor, wie z.B. "Das Magengeschwür" entsteht durch zu vieles und deftiges
Essen, "Achte auf dein Gesicht" , dein Gesicht gehört nicht dir, die anderen
müssen es ansehen und darin lesen. "Im Herzen jung, Zum Nachdenken,
Das einmalige Baby" und einige andere.
Zum Schluss stellt Herr Axt "e Fraach an die Musik"in Gedichtform. Warum heißt
es Eschbäjer und nicht Eschbacher. Es heißt doch auch Seckbacher und nicht Seckbäjer.
Herr Thomas bedankt sich für die wortgewandte Moderation von Herrn Axt, für die
kurzweiligen, amüsanten Beiträge der Vortragenden , die rhythmischen Songs der
"Eschbäjer" und wünscht allen Gästen einen guten Heimweg.
Der nächste Literatur-Treff findet am Mittwoch, 27.Juni 2012 im KUHtelier statt
zu dem Schriftsteller Pablo Neruda.
Renate Gasser