Karbener LiteraturTreff e.V.



Bericht vom 30. März 2017


Länder in der Literatur: Literatur aus China
Ort: KUHtelier, Groß Karben, im Schlosshof von Leonhardi
Zeit: 19.00 - 22:10 Uhr
Anwesende: 35 Personen

Nach der Begrüßung von Hans-Martin Thomas übernimmt Hans Kärcher die Moderation. Er hat den Abend vorbereitet, da er China von seinen häufigen Reisen sehr gut kennt. Eingeladen ist auch die Familie Li mit ihrer kleinen Tochter. Frau Li wird einige Gedichte auf Chinesisch vortragen. China hat eine viertausend Jahre alte schriftliche Tradition. Die Sprache ist ganz anders als alle europäischen Sprachen und kommt uns daher sehr fremdartig vor.
Sie besteht nur aus einsilbigen unveränder-lichen Wörtern, die durch die Stellung im Satz und durch den Tonfall ihre Bedeutung bekommen. Anhand der Landkarte erläutert Hans Kärcher jeweils verschiedene chinesische Silben. Die Schriftzeichen werden mit dem Pinsel gemalt.
Zur Begrüßung trägt Hans-Martin Thomas das Gedicht Wasservögel vor. Es ist das erste Gedicht aus dem mehr als 2000 Jahre alten "Buch der Lieder" und liegt in mehreren Übersetzungen vor. So mutieren die Wasservögel in einer Übersetzung zu Fischadlern. Von Yanjun Li und Zheng Huang hören wir es in Chinesisch.






Robert Axt trägt aus dem Buch "Frühling im Jadehaus" klassische chinesische Lyrik vor. Um 1500 dominierte die Lyrik in der Literatur. Heimweh war oft das Thema in den Gedichten, viele Verwaltungsbeamte wurden im Reich häufig versetzt. Das Gedicht "Fette Ratte, bitte lass mein Korn in Ruhe" ist 850 n.Chr. zur Zeit einer Rattenplage entstanden. Die Menschen hungerten, während die Ratten in den Amtsspeichern das Korn aufgefressen haben. In den Gedichten werden Naturerscheinungen beschrieben, Metaphern schildern die schwierige Beziehung der Geschwister in "Sieben Schritte", seine Gedanken einer schlaflosen Nacht schreibt ein Dichter in "Eine stille Nacht" auf.



























Rosie und Walter Enslin bringen uns Liebesgedichte aus zwei Jahrtausenden näher. Das Buch "Klang für Klang" enthält Gedichte aus 3 Jahrtausenden. Das Poem von den "Müßigen Gefühlen" schreibt eine einsame Frau, ein verlassener Mann riecht noch den Duft seiner Liebsten im Bett in "In die Ferne geschrieben", "Die tugendhafte Frau" erzählt über Mandarine die sich treu sind bis in den Tod und gemeinsam sterben. Ein "Gedicht ohne Titel" beschreibt die Trauer eines Mannes, der seine Frau vor 10 Jahren verloren hat. Eine Dichterin wurde animiert zu dem Gedicht "Klang für Klang", Wehmut besetzt ihr Herz bei dem Gedanken an den verlorenen Geliebten.
Dieter Körber widmet sich Konfuzius, Mao und Gregor Gysi. Konfuzius (551-479 v.Chr.) begann seine weisen Worte immer mit "Der Meister spricht". Harmonie und Mitte, Gleichmut und Gleichgewicht waren für ihn erstrebenswert. Was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, ist nicht zum Wohle der Menschen. Mao Tse Tung (1893-1976) war Vorsitzender der kommunistischen Partei Chinas und ein bedeutender Revolutionär. Er entwickelte die Lehre des Maoismus. Mao wollte für die Bildung der einfachen Leute sorgen und den Analphabetismus bei den Soldaten beheben. Die blinde Nachahmung alter Werte sei schädlich. Gregor Gysi (geb. 1948) war bis 2013 Fraktionsvorsitzender der Linken . Weit über seine Partei hinaus war er geschätzt als brillanter Redner, der seine Wortkunst aus dem Chinesischen entlehnt hat. Außerdem hatte er wie Mao immer ein kleines rotes Büchlein mit dem politischen Programm dabei. Mao war auch ein Lyriker.
Von Barbara Metz hören wir sein Gedicht "Schnee". Das Gedicht erzählt von vier Kaisern, die im Zeitraum von 140 v.Chr. bis 976 n.Chr. gelebt haben. Schwerpunkte waren immer Vergrößerung des Reichs und innere Sicherheit, Bildung spielte keine Rolle.
Einem aktuellen Thema widmet sich Almut Rose, die das Buch "Frösche" vorstellt. Es wurde geschrieben von Mo Yan (geb. 1955), der 2012 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Der Autor thematisiert das Problem der Ein-Kind-Ehe und die Tragik der Abtreibung. Oft stirbt die Frau bei diesem Eingriff. Im Chinesischen ist das Wort für Kinder und Frösche gleich. Ein Freund züchtet Frösche, in China werden aber auch Kinder gezüchtet.



Helmut Regenfuß fasst den Zerfall der Han-Dynastie zusammen mit dem Buch "Die drei Reiche". Die Geschichte spielt im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. Dieser populärste chinesische Roman hat keine zentrale Handlung, sondern ist ein historisches Gemälde von Macht und Kriegen mit über 1000 Personen. Das Buch beginnt mit dem Aufstand der gelben Turbane, Rebellen, die sich gegen den Kaiser erhoben. Im Pfirsichgarten leisten Zhang Fei und Guan Yu einen Bruderschwur und verbünden sich mit einem General, um den Aufstand niederzuschlagen. Die drei Männer gründen dann die drei Reiche.




"Der Traum der roten Kammer" erzählt Herz-Schmerz-Geschichten aus dem höfischen Leben der Qing Dynastie. In einer szenischen Lesung mit Fritz Böhner, Dieter Körber, Almut Rose, Rosi Kärcher und Barbara Metz hören wir von Herzschmerzen jener Zeit. Vorgestellt wird eine adlige Familie (ähnlich wie bei den Buddenbrooks), die in einem Salon Besuch empfängt. Thematisiert werden drei Bereiche: die erste Erfahrung mit Sexualität, das langweilige Leben bei Hofe, die Situation der Zofe Perle, die nicht zu ihrer armen Familie zurückkehren will.



Für die musikalische Umrahmung sorgte Beate Hoffarth mit ihrer Gitarre. Sie spielte für uns das spanische Lied "Kleiner gelber Vogel" , eine Walzer und Tänze aus Spanien.








Für die Vorbereitung dieses außergewöhnlichen Themas dankt Hans-Martin Thomas Hans Kärcher und allen Mitwirkenden. Besonderer Dank gilt Frau Li und Herrn Zheng Huang, die uns mit den Übersetzungen einen Einblick in den Klang der chinesischen Sprache gegeben haben.


Bei unserem nächsten Abend ist ein bekannter Autor zu Gast. Wir erwarten
Bodo Kirchhoff am 27. April 2017 um 19:00 Uhr
im KUHtelier in Karben
Ausnahmsweise ist der Eintritt nicht frei.



Renate Gasser