Literaturforum Karben e.V.
Bericht vom Literaturabend, am 27. Februar 2020:
"Literatur und Humor, vom leichten Lächeln zum befreiten Lachen "
Ort: KUHtelier, Groß Karben, im Schlosshof von Leonhardi
Zeit: 19:30 - 21: 30 Uhr
Anwesende: ca. 50 Personen und Pressevertreter
Sein vom Ausklang der Faschingszeit inspiriertes Programm stellte das Literaturforum
Karben am 27. Februar 2020 unter die Überschrift "Literatur und Humor, vom leichten
Lächeln zum befreiten Lachen." Im trotz widrigem Wetter mit Schneegestöber gut
besuchten KUHtelier begrüßte der erste Vorsitzende Dieter Körber die Besucher
und als Gäste Nicola Piesch und Dieter Wierz, die die musikalische Begleitung
übernahmen. Körber führt launig und gekonnt moderierend durch das weitere
Programm. Nicola Piesch mit ihrer großartigen Stimme, kongenial begleitet
von Dieter Wierz am Klavier eröffnen gefühlvoll das Musik-Programm mit
dem Song "Chansons d' amour".
Die gesamte Programmgestaltung fand sehr gut kombiniert den Bogen vom
Literarischen über Kabaretttexte zum ausgelassenen Sketch.
Ingrid und Robert Axt eröffneten den literarischen Reigen mit
"Heimfahrt einer Ehefrau im beschädigten Auto des Ehemanns" eine
Satire des altlinken, plebejisch-intellektuellen Gerhard Zwerenz.
Mit Chuzpe lesen die beiden den teils deftig formulierten Wortwechsel zwischen
dem aufgebrachten Ehemann und der zerknirschten Ehefrau, die das neue teure Auto
ihres Gatten an einer Tankstelle eingedellt hat, weil sie die Automatik nicht
beherrschte.
Sehr einfühlsam, engagiert und lebendig trägt Barbara Metz die Kabaretttexte
"Notar Bolamus" von Franz J. Degenhardt und "Ich bin ein deutscher Lästerer"
von Dieter Hüsch vor.
Wunderbar mit klangvoller Stimme lässt Nicola Piesch mit dem Song
"Sei mal verliebt" die Knef lebendig werden.
Mit fröhlicher Begeisterung gibt Almut Rose einen Einblick in die Charakteristiken
von typischen Touristen, die der französische Schriftsteller Guy Abecassis in
seinem Band "Hundert Koffer auf dem Dach" überaus humorvoll schildert.
Almut Rose sieht zustimmendes Lächeln auf den Gesichtern der Zuhörer als sie
ihren Vortrag mit dem Satz beginnt "Wie man herausgefunden hat, beruht der
Erfolg des Tourismus auf der Annahme, dass es anderswo schöner sei als dort,
wo man sich gerade aufhält. Dieser Irrtum setzt alljährlich die ganze
zivilisierte Menschheit in Bewegung".
Manfred Mattners ruhige Stimme passt gut zu Erich Kästners Gedichten
"Ein alter Mann geht vorüber" und "Jahrgang 1899" und lässt die Zuhörer
nachdenklich werden.
Was durch das folgende Lied von Edith Piaf "Non, je ne regrette rien"
("nein, ich bedaure gar nichts") noch verstärkt wird.
Dieter Körber hat Kurt Tucholskys "Der Buchstabe G" ausgewählt,
"Berliner Schnauze" kontra Hannovers "spitzen Stein". Waschecht trifft er den
Berliner Dialekt, mit modulierender Stimme und ausdrucksstarker Mimik und Gestik
trägt er vor und erntet vom lachenden Publikum vor der Pause langen Applaus.
Nach der wie immer mit angeregter Unterhaltung viel zu rasch verflogenen Pause liest
Helmut Regenfuß Auszüge aus den "Maghrebinischen Geschichten" des Schriftstellers
Gregor von Rezzori (voller Name: Gregor Arnulph Herbert Hilarius von Rezzori d'Arezzo).
Sie erschienen 1953 und karikieren die Sicht Westeuropas auf den Balkan.
Es sind farbige, oft tolldreiste Geschichten über ein Fantasieland, unbeleckt
von heutiger "Political Correctness". Köstlich, wie Helmut Regenfuß die
verschiedenen Mundarten nachahmt.
Eugen Roth und Joachim Ringelnatz hielten Anfang des 20.Jhd einer in großbürgerlicher
Selbstherrlichkeit dahintaumelnden, die kommenden Gewitterstürme nicht ahnenden oder
missachtenden Gesellschaft im "Simplizissimus" den Spiegel vor. Annette Wibowo
rezitiert ausdrucksstark vier der humoristischen Gedichte.
Nachdem Nicola Piesch "nur nicht aus Liebe weinen ..." wollte liest die schlanke
Claudia Weishäupl aus Gabriel Laubs "Der Aufstand der Dicken" das Kapitel
"Die Zeitung" vor. Hier werden die Dicken zu einer (ge)wichtigen Revolution
aufgerufen, körperschindende Sportarten und Schlankmacher werden verdammt,
Rezeptbücher zum Dickwerden beworben und ein Buch "Die Rolle der Dicken in der Geschichte"
herausgegeben. Dies alles tiefernst, sodass das Publikum die Wahrheit nicht bezweifelt.
Mit trockenem Humor bringt Hans Kärchers die Wortspielereien von Wiglaf Droste zu
Gehör. Absurditäten und Groteskes zwischen Komik und Abgrund hat der Satiriker
wunderbar kombiniert von "Meer und Rettich" über "Angela Deutschland" bis zum
hymnischen "Reherücken". (Bekannt als Satiriker, auf der letzten Seite der "taz"
verewigt).
Ein Beispiel: MEER UND RETTICH
Aus tosendem weißem Meer rett ich dich, meine schöne Gabi.
Doch was nimmst du ängstlich, ja panisch so grüne Farbe jetzt an?
O Gabi! Sake: Wasabi dir denn nur getan?
Nach den bezaubernden Klängen von "In einer kleinen Konditorei" jetzt Ingrid Axt
mit Loriots "englischer Ansage"- eines Hörspiels, großartig vorgetragen mit ernster
Miene und ohne Versprecher.
Hans-Martin Thomas holt Heinz Erhardt aus der
"Walhalla der rezitierten Autoren des Literaturforums Karben".
Mit seinem Vortrag der "Made", "Die polyglotte Katze" und "Goethes Fischer"
strapaziert er die Lachmuskeln der Zuhörer und erntet großen Applaus.
Zum Abschluss des Textprogramms tragen Almut Rose und Helmut Regenfuß noch einen
Sketch "In der Apotheke" von Karl Valentin vor. In scheinbar kindlicher Naivität
nimmt Valentin jedes Wort wörtlich und strapaziert die Geduld der Apothekerin,
bis er schließlich die Medizin für sein Kind bekommt. Der sehr gut gestaltete
Sketch erzielt viel Gelächter und wird mit reichlichem Beifall belohnt.
Zum stimmungsvollen Ausklang das letzte Lied von Nicola Piesch und Dieter Wierz
sehr einfühlsam dargeboten, ist zugleich ein Versprechen an alle Anwesenden
"Es wird einmal ein Wunder geschehn"
Mit einem Dank an alle Vortragenden und einem Blumenstrauß für die Sängerin
verabschiedet Dieter Körber die Besucher und Gäste.
Den nächsten Literaturabend "Marcel Reich-Ranicki, ein Leben für die Literatur",
am 26. März 2020, mussten wir leider, dem Coronavirus geschuldet,
auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Almut Rose