Karbener LiteraturTreff e.V.



Bericht vom Literaturabend, am 28. Februar 2019:
Literatur, Kabarett und Sketche ein Feuerwerk der guten Unterhaltung



Ort: KUHtelier, Groß Karben, im Schlosshof von Leonhardi
Zeit: 19:30 - 22: 20 Uhr
Anwesende: ca. 65 Personen und Pressevertreter

Der Vorsitzende Dieter Körber begrüßt die Gäste mit launigen Worten an einem Literaturabend, der sich ein wenig dem Diktum der närrischen Zeit unterwarf.

Nicola Piesch und Dieter Wierz eröffneten schwungvoll das Musik- Programm mit dem bekannten Song "Willkommen", Musik von John Kander, Text Fred Ebb.

Dann entführt uns Dieter Körber mit Theodor Fontanes "Spaziergang mit Storm" in den Tiergarten vom alten Berlin und erinnert an Fontanes 200.ten Geburtstag in diesem Jahr. In der gekonnt vorgetragenen Erzählung berichtet Fontane über einen Spaziergang und anschließenden Besuch des Café Kranzler gemeinsam mit Theodor Storm und den damit verbundenen Unwägbarkeiten.

Hans Kärcher stellt mit trockenen Humor fest, wir seien ja kein Fastnachtsverein und deshalb wolle er keine Büttenrede halten, sondern möchte jahreszeitgemäße Einblicke in die Literatur bieten. Und was gebe es literarisch Höherstehendes als eben "unseren Göthe". Und so habe er sich für heute Abend Göthe und Göthe-Parodien herausgesucht. Er beginnt mit Ludwig Eichrodt und seinem Gedicht "Drum nicht blöthe", wobei Wert darauf zu legen sei, dass "blöthe" mit einem ö mit zwei Pünktchen und mit th geschrieben ist.

Deshalb auch Göthe im Programm mit ö und zwei Pünktchen sowie th. Rosi Kärcher zitiert Friederike Kempner, den "schlesischen Schwan" (so genannt, da sie bei schöner Gestalt eine gellende raue Stimme hatte) und deren Neffen Alfred Kerr (der bedeutendste Kritiker der Weimarer Republik ähnlich wie für uns heutige Marcel Reich-Ranicki) mit Göthe-Parodien. Sie lassen, Umdichtungen von Daniel Falk und sogar auf englisch vorgetragene von Wadsworth Longfellow folgen. Ebenso Texte von Karl Kraus und Friedrich Stoltze und selbst als Reklametexte für Zigaretten wurde Göthe umgedichtet. Rosi Kärcher schließt die sehr unterhaltsame Auswahl mit Heines "Ein Ehrendenkmal Goethen". Hans Kärcher setzt noch einen Schlussakkord mit "Das Schweizer Lied von Goethe" auf Schwitzerdütsch mit den von Rosi Kärcher gesprochenen Regieanweisungen von Urs Widmer. Beide werden mit freudigem Beifall belohnt.

Barbara Metz hat sich eine Perle der Weltliteratur ausgesucht und stellt den in den 60er Jahren ins Deutsche übersetzten Roman "Zazie in der Metro" vor. Mit gekonnter Mimik und Gestik lässst sie die liebenswerte Zazie lebendig werden. "Zazie in der Metro" ist ein sprachexperimenteller Roman des französischen Poeten Raymond Queneau. Raymond Queneau wurde 1903 in Le Havre geboren und ist 1976 in Paris gestorben. Er hinterließ ein umfangreiches, vielgestaltiges Werk. Er war Surrealist, Romancier, Poet, Cineast, Kritiker und Herausgeber einer Enzyklopädie des 20. Jahrhunderts, Kenner Kants und Hegels, Mitglied der Académie Goncourt. Sein bekanntester Roman war "Zazie in der Metro", der Roman, der ihn, spätestens mit der Verfilmung durch Louis Malle, berühmt machte. Das Wesen der Wörter, das "sprachliche Problem der Sprache" interessierte den Dichter nachhaltig. Im Roman Wird gequasselt auf mehreren Stilebenen, die Queneau blitzschnell wechselt: gestelzt-objektive Kunstsprache, Argot, ironische Zitate. Es ist ein Wechselbad von gesprochenem und literarischem Französisch.Körber erzählt in knappen Worten kurz die Geschichte der frühreifen, vorlauten Provinzgöre. Die zu ihrem Onkel in Paris zu Besuch kommt, um ihrer Mutter zwei Tage Freiheit zu verschaffen. Am nächsten Morgen macht sich das zauberhafte Gör auf den Weg, um allein das geheimnisvolle Paris zu erkunden. Barbara Metz bietet in zwei Scenen durch eindringlichen Vortrag einen Einblick in das Wesen des Werkes. Ein Gespräch beim Abendbrot, wo die eher der Boheme angehörenden Erwachsenen völlig entwaffnet werden durch die Schlagfertigkeit des Kindes. In der zweiten Scene will ein Hausbewohner das heimliche Verschwinden Zazies verhindern indem er sie einfängt und festhält. Zazie befreit sich durch laut geäußerte Vorwürfe der Pädophilie. Sie erlebt mehr als ihr kleiner Kopf fassen kann. Völlig überdreht findet sie sich morgens um sechs Uhr im Zug in den Armen ihrer Mutter wieder, auf die Frage ihrer Mutter, was sie denn in Paris getan habe, antwortet sie philosophisch und tiefsinnig mit dem Satz, mit dem auch der Roman endet: "Ich hin älter geworden."

Das Duo Nicola Piesch und Dieter Wierz begeistert mit dem mitreißenden Vortrag von Charly Chaplins "Smile" was ein Lächeln auf die Gesichter der Zuhörer zaubert.

Nach einer witzigen Einführung von Körber, der moderne Theaterstücke und ihre teils verschrobenen Besucher persifliert, liest Almut Rose temperamentvoll eine Theaterkritik Erich Kästners in der er sich über den vorgetäuschten Tiefsinn von Stücken auslässt.Almut Rose, als Einzige in zumindest angedeuteter Kostümierung betrachtet das Publikum mit Erich Kästners Augen. Dieser dachte während eines langweiligen Schauspiels von T. S. Eliot "Der Familientag" über den "Tiefsinn im Parkett" nach.Kästner stellt fest, dass der Autor wohl wusste, was man den Leuten zumuten kann und er mutete es ihnen zu, obwohl er als gescheiter Mann gewiss ein besseres Stück hätte schreiben können. Auch Tucholsky hat wohl schlechte Erfahrungen mit dem Publikum. Dieter Körber präsentiert das Gedicht "An das Publikum", wo es um den unterschätzten Publikumsgeschmack geht in freier Rede:"…..hochverehrtes Publikum, sag mal bist Du wirklich so dumm…….Ja, dann verdienst Du es nicht besser."

Fritz Böhner fährt mit uns im ICE in die Jetztzeit - doch es hat sich wenig geändert. Mit verschmitztem Lächeln liest er Christian Maintz's leicht frivole Gedichte "ICE-Romanze" und "Neulich in Lehrte".

Nach der überaus eindrucksvoll von Nicola Piesch interpretierten Zwischenmusik "Johnny, wenn Du Geburtstag hast" von F. Hollaender liest Almut Rose aus einer "Anleitung zum Unglücklichsein" von Paul Watzlawick. Ein Beispiel: Laut dem Soziologen Howard Higman neigen Ehefrauen dazu, aus einem Nebenzimmer "Was ist das?" zu rufen. Sie erwarten, dass der Mann aufsteht und hinübergeht um herauszufinden was sie meint und in dieser Erwartung werden sie selten enttäuscht. Seinem Freund gelang es nun den Spieß umzudrehen. Er saß in seinem Studierzimmer, als seine Frau quer durch das Haus rief: "Ist es angekommen?" Er darauf "Ja" obwohl er keine Ahnung hatte, was "es" war."Und wo hast Du es hingetan?" "Zu den anderen." Zum ersten Mal in seiner Ehe konnte er darauf stundenlang ungestört arbeiten. Laut Dieter Körber stand auch Tucholsky der Ehe skeptisch gegenüber was er mit dem Gedicht ""Danach"" belegt. Wo beim Happy End im Film abgeblendet würde, weil es so banal weitergehe.

Mit der Musik von John Kander "Cabaret" wird der zweite Programmteil effektvoll eingeleitet.

Alexandra und Michael Rettinger lesen in wunderbar ironischer Weise Dialoge von Woody Allen, die sie unter den Titel "Liebe, Gott und Neurosen" gestellt haben. Woody Allen, geboren am 1.12.1935 als Allan Stewart Konigsberg in NY (Brooklyn), hält offenbar verbissen an seinem Vorhaben erfolgreich fest: "Ich will die Unsterblichkeit nicht durch mein Werk erringen. Ich will sie dadurch erringen, daß ich nicht sterbe".






Ingrid u. Robert Axt, Margit u. Manfred Mattner lesen sehr zur Freude des lachenden Publikums "Stilblüten" z.B.: Allerwertestes Fürsorgeamt!! Meine Unterstützung reicht nicht aus, weil ich mit meinem einem Bein eine fünfköpfige Familie ernähren muss. Dem muss abgeholfen werden! Bitte lassen Sie es mich umgehend wissen, falls Sie dieses Schreiben nicht erhalten haben. Mit hoffnungsvollen Grüßen



Rosi Kärcher stellt gekonnt den unvergessenen Robert Gernhardt mit Gedichten aus dem Band "Gedichte 1954-1997" vor. er lebte von 1964 bis zu seinem Tode 2006 in Frankfurt.


Claudia Weishäupl u. Helmut Regenfuß lassen den Vorstadtkomiker und Liebling der Intellektuellen Karl Valentin aufleben mit der Szene "Mir hat tramt". In gut getroffenem bayrischen Tongefüge erzählen sie davon, wie Valentin als Ente von einem Wurm träumt. Der Dialog endet: Michl: Du musst dir doch denken, das war doch nur ein Traum, und Träume sind Schäume. Bene: Das war kein Schaum, das war ein Wurm, und wennst mers jetzt net glabst, dann treimst heit Nacht desselbe, und wennst in den Wurm neibeissn wuist dann wecka di auf!!

Nach "I got rhythm" (Musik von George Gershwin, Text der Bruder Ira) bietet Körber eine kleine Wortakrobatik, mit der Beschreibung einer Beutelratte bei stotternden Hottentotten. Im Gedicht "Die Rächerin" von Robert T. Odeman wird eine Kirchenmaus, aus Rache zur effektvollen Rächerin, vertreibt den Organisten und macht dem Titel alle Ehre. Beides wird vom hocherfreuten Publikum mit langem Applaus belohnt.

Ingrid Axt und Fritz Böhner spielen zwei Sketche vom Altmeister Vicco von Bülow genannt Loriot. Mit überzeugendem Spiel und komödiantischer Begabung begeistern beide die Besucher. ""Aufbruch""endet: Sie: .Jetzt geht es zum Beispiel darum, dass wir pünktlich ins Konzert kommen. Er: Nein, darum geht es eben nicht. Es geht um die Frage, warum Frauen am Kern einer Sache grundsätzlich vorbei diskutieren. Sie: Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen !!



Nach einer begeisternden Instrumentalmusik von Nicola Piesch mit dem Saxophon der zweite Sketch ""Geigen und Trompeten", hier wird die lebenswichtige Frage gestellt:" Sie: Können Geiger eigentlich nur geigen und Trompeter nur blasen ? Mit einem Dank an alle Vortragenden und einem Blumenstrauß für das Duo verabschiedete Dieter Körber die Gäste und Nicola Piesch Gesang und Dieter Wierz Piano lassen das Programm mit Jerry Hermans "Hello Dolly würdig ausklingen.



Unser nächster literarischer Abend findet statt am 28.März 2019, mit
"Eva Demski liest aus ihrem Roman: "Den Koffer trag ich selber".
Wie immer im Kuhtelier, um 19:30 Uhr um auch berufstätigen Interessierten die Möglichkeit zu geben von Anfang an dabei sein zu können.
Der Eintritt beträgt 12 Euro, für Mitglieder 8,00 Euro.
Seit 08. März 2019, im Vorverkauf bei der Karbener Buchhandlung Kling,
Luisenthaler Str. 3-5, 61184 Karben

Almut Rose