Karbener LiteraturTreff e.V.



Bericht vom 25. Februar 2016


Thema: Thomas Bernhard und Robert Walser
Ort: KUHtelier, Groß Karben
Zeit: 19.00 - 21:40 Uhr
Anwesende: 40 Personen


Dr. Hans Kärcher und Robert Axt haben diesen Abend vorbereitet und gestaltet. Im Wechsel haben uns die beiden Thomas Bernhard, vorgetragen von Dr. Hans Kärcher, und Robert Walser, dem sich Robert Axt widmete, näher gebracht. Beide Schriftsteller sind geniale Einzelgänger. Thomas Bernhard ist verstörend in seiner ätzenden Gesellschaftskritik, Robert Walser ist eher der Dichter des Kleinen und Leisen, oft besessen von einem Kleinheitswahn.
Thomas Bernhard (1931-1989),ein Österreicher, wurde in Heerlen geboren und von seinem schriftstellernden Großvater erzogen. Er lebte in der Nähe von Salzburg und schuf in großer Einsamkeit seine Werke. Für seine Theaterstücke fand er in Claus Peymann einen genialen Regisseur, für seine Romane in Sigfried Unseld einen verständigen Verleger.Sein Werk setzt sich mit der österreichischen Gesellschaft, ihrem Provinzialismus und dem Leugnen der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander.
Robert Walser (1878-1956), ein Schweizer, absolviert eine Banklehre und hat verschiedene Anstellungen bei Schweizer Banken. 1905 zieht er nach Berlin zu seinem Bruder Karl. Dort schreibt er drei Romane. Seine Sehnsucht nach der Schweiz ist groß und so kehrt er 1913 zurück nach Biel. Er schreibt in den nächsten Jahren kleine Dichtungen, Erzählungen, Roman "Theodor" erscheint. Das letzte Buch "Die Rose" wird bei Rowohlt veröffentlicht. Die "Felix-Szenen" und "Räuber" schreibt er in millimetergroßer Schrift auf Zettel. Nach einer schweren psychischen Krise 1929 wird er in die Heilanstalt Waldau eingeliefert und später nach Herisau überwiesen. Dort bleibt er bis zu seinem Lebensende. Er stirbt während eines Spaziergangs im Schnee am 25. Dezember 1956.
Mit Auszügen aus den Werken der Schriftsteller lernen wir die beiden gegensätzlichen Autoren kennen.
Dr. Hans Kärcher widmet sich den Schriften von Thomas Bernhard. Sein Roman "Auslöschung-ein Zerfall" hat starke biografische Züge und setzt sich mit den Zwängen seiner Familie auseinander. Der Satz:"Aber ich kann die Meinigen ja nicht, weil ich es will, abschaffen" ist symptomatisch für die Zwänge, denen Bernhard sich lebenslang ausgesetzt sah. In der Novelle "Holzfällen-eine Erregung" nimmt der Icherzähler an einem Abendessen mit Künstlern in Wien teil und beobachtet aus einer stillen Ecke die verlogene Wiener Gesellschaft. "Der Untergeher" ist eine Novelle, die sich mit den Problemen der Pianisten beschäftigt. Professor Horowitz erteilt dem Icherzähler und seinen Freunden Wetheim und Glenn Gould Klavierunterricht. Glenn Gould ist ein Genie, er spielt später die Goldberg-Variationen bei den Salzburger Festspielen, während sein Freund Wertheim an der fehlenden Perfektion zerbricht und Selbstmord begeht. Das Dramolett "Claus Peymann kauft eine Hose und geht mit mir essen" zeigt Bernhards humoristische Seite. Peymann hat seine Theaterstücke inszeniert. Peymann will sich eine gut sitzende Hose kaufen. Er probiert sechs Hosen und kommt in den engen Hosenprobierzellen ins Schwitzen und denkt, ihn trifft der Schlag. Anschließend geht er mit Bernhard essen und glaubt, sein Kopf platze. Es wäre besser, wenn er sich einen neuen Kopf kaufen würde. In dem Werk "Meine Preise" übt er Kritik an dem Literaturbetrieb. Er selbst hat 15 Preise bekommen. Die Verleihung des Grillparzer Preises schildert er genüsslich so. Eine Stunde vor der Verleihung kauft er sich beim Herrenausstatter einen neuen Anzug, setzt sich dann unerkannt zwischen die Zuschauer und beobachtet freudig, wie diese wegen Fehlen des Ehrengastes unruhig werden. Er bedankt sich schlicht mit dem Wort "Danke" für den Preis und gibt den Anzug wieder im Geschäft zurück.
Robert Axt hat sich mit dem Schweizer Robert Walser beschäftigt Zunächst hören wir einen Auszug aus "Wanderungen mit Robert Walser", geschrieben und veröffentlicht von seinem Vormund und Verleger Carl Seelig, der ihn von 1933-1956 regelmäßig besucht hat. Während der ausgedehnten Wanderungen gibt es Gespräche über Hitler, die Deutschen hätten Neigung für extreme Persönlichkeiten, Churchill habe doch mehr Bodenhaftung. "Der Teich" , ein Dramolett, ist der einzige Text in Schwyzerdütsch, davon hörten wir von Robert Axt eine Probe. Ein Junge fühlt sich von seiner Mutter nicht geliebt und gibt vor, im nahegelegenen Teich ertrunken zu sein. Hintergrund ist wohl die problematische Beziehung zu seiner Mutter. Als Bankkaufmann und Büroangestellter findet Robert Walser keine Erfüllung und so beginnt er aus verzehrender Langeweile Gedichte zu schreiben. Er gibt Empfehlungen für ein einfaches Leben mit minimalistischen Ansprüchen ohne Furcht und Hass, eben ein Leben als "Lebenskünstler". Finanzielle Nöte begleiten seinen Alltag. Er will nichts darstellen, ist bescheiden, eine Laufbahn als Diener erscheint ihm zeitweise erstrebenswert. Davon handeln seine Romane "Geschwister Tanner, Jakob von Gunten und Der Gehülfe", alle drei entstehen in seiner Berliner Zeit (1905-1913). Den Hang zum Kleinheitswahn treibt er auf die Spitze, indem er in 1mm großer Schrift auf Zetteln poetische Texte verfasst, sog. Mikrogramme. Erst nach seinem Tod wurden die Texte mühsam entziffert. 27 Jahre hat Robert Walser in einer pschiatrischen Anstalt verbracht, trotzdem hat er einige vergnügliche Prosastückli verfasst, wie z.B. "Die Birchpfeifer und Der Wald". Die Birchpfeifer ist eine Gräfin von mäßiger Schönheit, die aber erfolgreich gedichtet hat. Im Wald erscheint ihm eine schöne Waldfrau, deren entzückender Duft ihn verführt.
Die musikalische Umrahmung haben Martina Riedel am Klavier und Beate Hoffarth-Rittinger an der Harfe gestaltet. Frau Riedel spielte uns mit viel Temperament von Georg Kreisler "Tempo di Valse, Andante triste" und von Beethoven "Die Wut über den verlorenen Groschen". Frau Hoffarths Harfenklänge stimmten beruhigend mit den Stücken "Nostalgie, Der letzte Tanz der Sonne und Suche".


Ein herzliches Dankeschön sprach Hans-Martin Thomas den beiden Vortragenden und Gestaltern des Abends aus Dr. Hans Kärcher und Robert Axt. Auch für die musikalischen Vorträge bedanken wir uns herzlich. Der nächste Abend des LiteraturTreffs findet statt
am Donnerstag, 31. März 2016 um 19:00 Uhr im KUHtelier





Wir begrüßen die Schriftstellerin EVA DEMSKI


Renate Gasser