Karbener LiteraturTreff e.V.



Thema: Humor in der Literatur
Ort: Gaststätte "Bei Anna"
Zeit: 19.35 - 21.30
Anwesende: 30 Personen, Journalisten der WZ und der FNP

Der Jahreszeit entsprechend beginnen wir mit dem Thema Humor.
Herr Thomas begrüßt die Gäste mit guten Wünschen zum neuen Jahr. Nu fange mer gleich an ... mit Otto Reutter (1870-1961), den Frau Weishäupl vorstellt. Otto Reutter schrieb viele, teils sozialkritische Couplets über aktuelle Themen, wie z.B. das Auto, die Zeitung, Geburten und menschliche Schwächen und Wünsche. Erfolgreich reiste er durch das Land und trug seine Verse und Lieder vor.
Von Frau Weishäupl hören wir Nehmen se'n Alten, gemeint sind die Vorzüge älterer Männer.
Von einer CD hören wir Der gewissenhafte Maurer, der seine Pausen so gewissenhaft einhält, dass er nicht zum Arbeiten kommt.
Herr Schuch widmet sich Eugen Roth (1895 - 1976). Im 1. Weltkrieg wurde er als Gefreiter schwer verwundet, promovierte 1922 und schrieb Gedichte. 1927-1933 arbeitete er als Redakteur und 1935 erschien sein Buch Ein Mensch, in dem er menschliche Schwächen in Versform unter die Lupe nimmt. Im 2. Weltkrieg wurde er auf Lesereise zu den Soldaten geschickt. 1970 brachte er Das neue Eugen Roth Buch heraus , das sehr erfolgreich verkauft wurde. Folgende Gedichte trägt Herr Schuch vor: Die Vergesslichen (ein Mensch vergisst Namen und bezeichnet alles als Dings) Das Hilfsbuch (beim Nachschlagen im Lexikon lässt man sich ablenken und vergisst den Suchbegriff), Ordnung (ein Mensch will Ordnung machen, verweilt aber bei vielen Zetteln, die er findet), Autosuggestion (ein Kranker verspürt keine Besserung bis er es sich selbst einredet).
Herr Landmesser liest aus dem Büchlein Die Welt ist nicht immer Freitag die Geschichte Arbeitsplan eines Rentners von Horst Evers (*1967) vor. Evers ist ein Berliner Autor und Kabarettist. Der Rentner schreibt eine Liste von Tätigkeiten auf, die er erledigen will, wird jedoch durch ein Telefonat abgelenkt. Die Dame besteht darauf, bei ihm eine Busreise zu buchen, obwohl er kein Busunternehmen hat. Herr Axt bietet uns zwei Geschichten von dem ungarischen Juden Istvan Örkeny (1912 - 1979). Er wurde zur Armee eingezogen und kämpfte im Arbeitsbataillon an der russischen Front. Nach seiner Entlassung 1946 schrieb er regimekritische Texte und erhielt Schreibverbot. Der letzte Kirschkern schildert die Situation von vier Soldaten, die eine Erinnerung hinterlassen wollen. Da sie unter einem Kirschbaum sitzen, wollen sie die letzte Kirsche oben im Wipfel pflücken und den Kirschkern zwischen zwei Steine legen. Sie bilden eine Menschenleiter, doch der oberste Soldat hat, dem Ziel ganz nah, seinen Auftrag vergessen. Der unfruchtbare Scharrer ist das einzige Exemplar dieser Tierart, so kann er sich nicht fortpflanzen. Schwarzen Humor bereichert die Geschichte Verhängnis. Die Mutter backt Teigtaschen mit giftigem Mehl und alle, die davon essen, sterben.
Eine köstliche Verkaufsszene von Karl Valentin hören wir, im Dialog gelesen, von dem Ehepaar Mainert. Karl Valentin war ein Wortverdreher und Wortklauber , was in dem Verkaufsgespräch Der Hut die Verkäuferin zur Verzweiflung bringt, den Zuhörer jedoch amüsiert. Ein Mann will im Hutgeschäft einen Hut kaufen, hat aber so viele Einwände und Bedenken, dass der Kauf nicht zustande kommt.
Nach einer musikalischen Einlage von Herrn Enslin mit der Schlacht am kalten Buffet von Reinhard Mey
hören wir Herrn Böhner, der uns den Geist der Mirabelle von Siegfried Lenz (*1926) vorliest. Fritjoff will den Mirabellenbaum im Garten gegen den Willen seiner Frau nicht abhauen. Samstags spielt er immer Karten mit seinen Freunden , wobei sie dem Alkohol kräftig zusprechen. Als sich gegen Mitternacht die Tischplatte neigt und ein Holzbein zerbricht, ruft er den Arzt, der das Tischbein verbindet und wieder einsetzt. Dafür verlangt der Doktor ein Honorar von 112 Mark. Daraufhin sägt er am nächsten Morgen den Mirabellenbaum um.
Herr Dr. Schlichte-Bierbaum trägt Gedichte von Ringelnatz (1883 - 1934) vor. Ringelnatz war Kabarettist und Schriftsteller, der sich gegen falsche Besinnlichkeit stark machte. Wir hören die Gedichte Ein männlicher Briefmark (wird von einer Prinzessin abgeleckt), Die Ameisen (wollten von Hamburg nach Australien reisen), Im Park (am Baum stand ein ganz kleines Reh aus Gips), Ich hab dich so lieb (Gedanken über Zeit und Vergänglichkeit), Ernster Rat an Kinder (Ungeziefer nistet überall), Einsiedlers heiliger Abend (einsames Weihnachtsfest), Cassel (Gedicht über Karpfen).
Herr Axt ergänzt das Gedicht Die Ameisen durch ein eigenes Werk über Das Roggauer Schneckenquintett. Diese Schnecken wollten auch auf Reisen gehen, mussten aber einsehen, dass die Wege zu beschwerlich sind und blieben zu Hause. Herr Enslin widmet sich dem Österreicher Ernst Jandl (1925 - 2000), der das Spiel mit der Sprache liebte und einen Bogen spannte von politischer Lyrik bis zu Gedichten mit Lautmalerei. Man ordnete ihn dem literarischen Dadaismus zu. Jandl arbeitete als Lehrer in Wien und schrieb viele Gedichte für Kinder. Wegen eines Spottgedichts über die Kirche wurde er als Provokateur bezeichnet. Seine experimentelle Lyrik fand aber Ansehen und er hielt 1984 eine Poetikvorlesung an der Frankfurter Universität. Einen Einblick in Jandls Werk geben die Gedichte In der Küche, Der Gabentisch, Der Mann von nebenan, Der Unerwünschte.
Aus ihrem eigenen Werk gibt uns Frau Enslin eine kurze Kostprobe, nämlich ein Gedicht über die Sammelleidenschaft und mehrere Limericks.
Spontan erklärt sich Herr Hoppe bereit, das Gedicht Korf von Christian Morgenstern vor- zutragen.
Zum Ausklang singt Herr Enslin das Volkslied von 1840 Reim dich oder ich fress dich.

Einem herzlichen Dankeschön an alle Vortragenden von Herrn Thomas folgen zwei Hinweise:
Am 23. Februar 2013 Lesung des Pöt aus Rendel im KUHtelier
Am 27. Februar 2013 um 19.30 Uhr ein Abend des Karbener Lit-Treffs zu Literatur aus dem Orient

Renate Gasser